Der
erste Beitrag dieses Blogs soll sich der Frage widmen, warum Latein denn
überhaupt als die Kirchensprache, als Muttersprache der Kirche, ja sogar als
„wahrhaft katholische Sprache“ bezeichnet werden kann, alles Epitheta übrigens,
die aus entsprechenden päpstlichen Schreiben und den Texten verschiedener
Provinzialsynoden des 19. und 20. Jahrhunderts stammen. Kann die Kirche
überhaupt so etwas wie eine "eigene" Sprache haben? Richtet sie sich
denn nicht an Menschen vieler verschiedener Sprachen, so dass sie sich den
Luxus einer "exklusiven" Sprache gar nicht leisten kann?
Die
Rede von der "lateinischen Kirchensprache" ist überhaupt nicht gegen
die Volkssprachen gerichtet ist, die selbstverständlich ihre eigene Würde
besitzen und auf die die Kirche in ihrer Verkündigung nicht verzichten kann und
es auch nie getan hat, sondern zunächst aus dem geschichtlichen Werden heraus
zu erklären. Das Lateinische hat für die römisch-katholische Kirche nämlich
eine ähnlich überragende Bedeutung wie für die orthodoxen Kirchen das
Griechische oder Kirchenslawische, wie für die jeweiligen orientalischen
Kirchen das Syrische, Armenische, Altgeorgische etc. Auch wenn der kirchliche
Gebrauch der lateinischen Sprache im Vergleich zu früheren Jahrhunderten
zurückgegangen ist – sie ist aber auch heute noch die offizielle Sprache der
katholischen Kirche- , muss man sich vor Augen führen, dass die gesamte
westliche Theologie zusammen mit Kirchenrecht und die Liturgie entscheidend
durch diese Sprache geprägt worden und ohne diese überhaupt nicht denkbar ist,
so wie die östliche Theologie und Liturgie etwa im besonderen an die
griechische bzw. kirchenslawische Sprache gebunden ist, so wie die
verschiedenen anderen orientalischen Kirchen auf das Altsyrische, Koptische,
Armenische, Altgeorgische u. s. w. rekurrieren. Unzählige Theologen, Bischöfe
und Päpste haben sich vom 3. Jahrhundert an der lingua Romanorum
bedient, die zahlreichen Synoden des Westens haben seit dieser Zeit ihre
Beschlüsse lateinisch dargelegt. Obwohl in der Völkerwanderungszeit die
Germanen verschiedene Königreiche auf dem Boden des römischen Reiches errichtet
haben, bleibt das Lateinische die Sprache der Kirche auch im Mittelalter – die
Germanen übernehmen es auch in den staatlichen Bereich - und erobert schließlich
in der frühen Neuzeit sozusagen ein zweites Mal die Welt. Hierbei gelangt es
als Sprache der Kirche noch sehr viel weiter, als es als Sprache der Römer in
der Antike je gelangen konnte.
Die
lateinische Sprache verbindet die verschiedenen Epochen der Kirchengeschichte
untereinander und eint sie gleichsam, übrigens bis auf den heutigen Tag, wie
die päpstlichen Enzykliken und Schreiben zeigen, die auch heute noch in
lateinischer Sprache verfasst werden bzw. meist in diese Sprache übersetzt werden.
Im Kirchenrecht zB. ist nur die lateinische Fassung des CIC 1983 maßgeblich.
Somit wundert es wohl niemanden mehr, wenn Pius XII. die lateinische Sprache –
und mit ihr die griechische - als einen „thesaurus incomparandae praestantiae“
bezeichnet, eine „Schatzkammer von unvergleichlicher Vortrefflichkeit“ für
jeden, der sich intensiver mit der Tradition der Kirche in Doktrin und
Disziplin auseinandersetzen will. Somit ist ein Theologiestudium mit wahrhaft
wissenschaftlichem Anspruch ohne gute Kenntnisse in der westlichen
Kirchensprache also nicht möglich, auch wenn hier in der Praxis leider Probleme
auftauchen. Gleiches gilt in Abstufung für das Griechische als Sprache des
Neuen Testamentes und der östlichen Theologie und an dritter Stelle für das
Hebräische. Zwar müssen Theologen - die evangelischen scheinen hier den
katholischen zumindest bezüglich des Griechischen und Hebräischen einiges
voraus zu haben - diese linguae sacrae immer noch lernen, aber die tatsächliche
Beherrschung ist oft sehr bescheiden. Insgesamt müssten die Alten Sprachen im
Rahmen des Theologiestudiums einen größeren Stellenwert erhalten, wobei Latein
aufgrund der unzähligen Fülle an Dokumenten besonders für katholische Theologen
an erster Stelle stehen muss. Gerade in unserer Zeit muss sich die Theologie
nämlich viel stärker auf ihre Quellen besinnen, will sie nicht allmählich ihre
geistigen Fundamente verlieren.
Natürlich
gibt es eine große, bunte Vielfalt innerhalb des kirchlichen Lateins, eine
Vielfalt an Gattungen und Stilen. Um nur wenige Beispiele zu nennen: Da findet
man die frühen Bibelübersetzung vor, die Vetus Latina, die viele Elemente des
Vulgärlateins bewahrt und schließlich von Hieronymus revidiert und von ihm
teilweise durch eine neue Übersetzung ersetzt wurde. Da gibt es das Latein der
römischen Kurie und des Kirchenrechts, geschult am Stil der
spätantik-kaiserlichen Kanzlei; das erhabene liturgische Latein ist natürlich
nicht zu vergessen mit seinen herrlichen und wunderschönen Hymnen, Orationen,
Präfationen etc. Es hat in der Kirche immer einen besonderen Ehrenplatz
besessen – hier gilt es für uns heute vieles wieder neu zu entdecken - und
steht in direkter Tradition zu antiken Formen und den Stilgesetzen der
lateinischen Kunstprosa, ist also mitnichten „Küchenlatein“. Ebenso muss
natürlich das Latein der Kirchenväter angeführt werden, von teilweise hoher
Eleganz und rhetorischer Formung. Schlichter, in seiner Diktion freier,
funktionaler und folglich nicht so sehr auf seine literarische Wirkung
berechnet wiederum ist das scholastische Latein des Hochmittelalters.
In den letzten Jahren beobachtet man besonders bei jüngeren Menschen eine gewisse Faszination lateinischer Liturgie, über die noch in anderen Beiträgen ausführlicher zu handeln ist. Hier sei nur schon einmal so viel gesagt: Alle Freunde der lateinischen Kirchensprache im Allgemeinen und der lateinischen Liturgie im Besonderen sollen ausdrücklich ermuntert werden, wo und wie auch immer sich mit dieser zu beschäftigen und sich für diese einzusetzen. Wenn wir dies tun, sind wir keine „Ewiggestrigen“, keine überholten „Nostalgiker“, sondern wir haben etwas, was für die Zukunft der Kirche von wirklicher Bedeutung ist, denn mit der lateinischen Liturgie ist ein großes geistliches wie kulturelles Erbe verbunden. Es geht ja im Rahmen der Liturgie nicht um ein Monopol der lateinischen Sprache, sondern vielmehr um ein überzeugendes Miteinander von Latein und Volkssprache. Die Kirche braucht sowohl die lateinische als auch volkssprachliche Liturgie, was ja übrigens auch die Intention des Zweiten Vatikanischen Konzils ist. Die Kirche kann letztlich auf keine von beiden verzichten, ohne Schaden zu nehmen. Unsere Aufgabe ist es, zu Kontinuitätsträgern zu werden, indem wir ein jahrhundertealtes, sehr kostbares Erbe tradieren und vor allem dessen Relevanz gerade für unsere Zeit aufzeigen, ohne hierbei die gleichzeitig bestehende Berechtigung volkssprachlicher Liturgie in Frage zu stellen. Ein solches Programm ist angesichts von sehr viel Unkenntnis und bisweilen offener Abneigung gegen die lateinische Sprache leider auch unter Klerikern - horribile dictu - nicht sehr leicht, aber hier hat sich in den letzten Jahren schon einiges getan.
In den letzten Jahren beobachtet man besonders bei jüngeren Menschen eine gewisse Faszination lateinischer Liturgie, über die noch in anderen Beiträgen ausführlicher zu handeln ist. Hier sei nur schon einmal so viel gesagt: Alle Freunde der lateinischen Kirchensprache im Allgemeinen und der lateinischen Liturgie im Besonderen sollen ausdrücklich ermuntert werden, wo und wie auch immer sich mit dieser zu beschäftigen und sich für diese einzusetzen. Wenn wir dies tun, sind wir keine „Ewiggestrigen“, keine überholten „Nostalgiker“, sondern wir haben etwas, was für die Zukunft der Kirche von wirklicher Bedeutung ist, denn mit der lateinischen Liturgie ist ein großes geistliches wie kulturelles Erbe verbunden. Es geht ja im Rahmen der Liturgie nicht um ein Monopol der lateinischen Sprache, sondern vielmehr um ein überzeugendes Miteinander von Latein und Volkssprache. Die Kirche braucht sowohl die lateinische als auch volkssprachliche Liturgie, was ja übrigens auch die Intention des Zweiten Vatikanischen Konzils ist. Die Kirche kann letztlich auf keine von beiden verzichten, ohne Schaden zu nehmen. Unsere Aufgabe ist es, zu Kontinuitätsträgern zu werden, indem wir ein jahrhundertealtes, sehr kostbares Erbe tradieren und vor allem dessen Relevanz gerade für unsere Zeit aufzeigen, ohne hierbei die gleichzeitig bestehende Berechtigung volkssprachlicher Liturgie in Frage zu stellen. Ein solches Programm ist angesichts von sehr viel Unkenntnis und bisweilen offener Abneigung gegen die lateinische Sprache leider auch unter Klerikern - horribile dictu - nicht sehr leicht, aber hier hat sich in den letzten Jahren schon einiges getan.
In einer
Ansprache, die Papst Benedikt XVI. im November 2005 vor den Teilnehmern des
"Certamen Vaticanum", einem unter der Ägide des Vatikan stehenden
Lateinwettbewerbs, gehalten hat, ermuntert er ausdrücklich zur aktiven Pflege
des kirchlichen Lateins, dessen wissenschaftlicher Erforschung sowie dessen engagierte
Weitergabe an die junge Generation (eine deutsche Fassung findet sich hier http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/speeches/2005/november/documents/hf_ben_xvi_spe_20051128_latinitas_ge.html):
Notissimum omnino vobis in primis est atque omnibus ubique intuentibus Nostrum sermonis Latini studium, a prima aetate Nostra comprobatum. Usus autem linguae Latinae Nostra in vita cotidianus fere, immo perpetuus adhuc fuit - tum in theologiae studiis, tum in Apostolicae Sedis longinquo ministerio. Hac de causa perplacet Nobis iam in Petri Cathedra eandem hodie adhibere linguam Latinam ut tantae auctoritatis interpretes ac testes, quales estis vos, familiariter consalutemus, ut celeberrimi Certaminis Vaticani victores atque curatores veluti domestico Nostro idiomate Latino recipiamus, ut pro viribus cohortemur incitemusque vos ante omnes ad litteras nostras Latinas, tam antiquas quam recentiores, tam saeculares quam sacras, omni cultu ac fervore non tantum adservandas, verum etiam novis rationibus docendas et inter iuniores potissimum propagandas.
Officium hoc ad Opus Fundatum "Latinitas" tamquam ad exemplum curarum et sollicitudinum Ecclesiae de illo sermone spectat. Vestrum nempe erit adiuvare Nos ut linguae Latinae consuetudinem in Ecclesia corroboremus atque in ritibus et disciplinis ecclesiasticis inculcemus, ne infiniti eorundem monumentorum thesauri pereant neve huius instrumenti praestantissimi usus evanescat. Aderit semper Latinitatis ubique cultoribus, sicut vobis, favor perpetuus Noster, animus propensus et supernum pariter Dei lumen, quod per Apostolicam Nostram Benedictionem amanter vobis vestrisque impertitam Nos fidentes devocamus.
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