Dienstag, 13. November 2012

Gedanken beim Betreten einer Kirche

Wer eine Kirche betritt, spürt intuitiv: das ist ein geheiligter Raum, ausgesondert aus der Unruhe und Betriebsamkeit der Straßen, den Zwecken von Kommerz und Konsum entzogen, geheiligt vielmehr, zunächst durch die Konsekration, geheiligt aber auch durch die vielen Beter, die hier verweilt haben, bittend, dankend, klagend, lobend. Geheiligt durch unzählige Taufen, zahllose Beichten, Trauungen, Firmungen, geheiligt durch Volksmissionen, Andachten, Prozessionen, Stillmessen und feierliche Hochämter. Wer einen solchen Raum betritt, spürt, wie die Steine und Bilder all diese Gebete über Jahrzehnte oder Jahrhunderte hinweg in sich quasi aufgesogen haben und zugleich als Gebetsatmosphäre wieder ausströmen. Wer einen solchen Raum betritt, spürt: Ich stehe nicht allein vor Gott, vor mir hat schon eine unermessliche Schar von Betern vor Gott gestanden und gekniet, ich trete ein in einen Raum des Gebetes, der mir vorgegeben ist, der mich umschließt und umfängt, mein persönliches Beten trägt und begleitet.


Michael Fiedrowicz

Sonntag, 11. November 2012

Die "Reform der Reform" - Wie könnte sie aussehen?

Unser jetziger Papst hat als Kardinal häufiger von der Reform der Liturgiereform gesprochen. Was ist damit gemeint? Im Zuge der durch das 2. Vatikanische Konzil initiierten Liturgiereform haben sich offenkundig Entwicklungen und Tendenzen eingeschlichen, die so nicht von der Mehrheit der Konzilsväter approbiert worden wären. Diese sollen durch eine Reform verbessert werden. Andererseits gilt es aber auch, die guten Aspekte der Liturgiereform zu bewahren, wie z. B. die oratio fidelium – "Fürbitten" genannt - , die vermehrte Zahl von Präfationen u. s. w. Welche Aspekte könnte eine solche Reform umfassen? Hier ein paar kleinere praktische Denkanstöße:

1. Beginn der Messfeier: Das Confiteor ist in jeder Messe zu verwenden; die Wahlmöglichkeiten beim Bußakt entfallen also. Man könnte darüber hinaus gewisse Teile des alten Stufengebetes als Vorbereitung auf die Hl. Messe wieder aufgreifen, die dann in der volkssprachlichen wie auch in der lateinischen Liturgie zwischen Priester und Gemeinde abwechselnd gebetet oder teilweise besser noch gesungen werden. So könnte man nach dem Kreuzzeichen etwa die alte Antiphon „Zum Altare Gottes will ich treten“ wieder einfügen, worauf die versammelte Gemeinde: „Zu Gott, der mich erfreut von Jugend an“ antwortet. Es würde sich das Confitor anschließen, mit doppelter Lossprechungsformel (Misereatur / Indulgentiam) und/oder vielleicht auch dem alten Gebet „Aufer a nobis, Domine“. Dann wird der Introitus/das Eingangslied gesungen, währenddessen der Priester an den Altar tritt und diesen im Hochamt inzensiert; daran könnte sich eine kurze (!) und prägnante Einführung in das Festgeheimnis des jeweiligen Tages anschließen. Dann geht es mit Kyrie und Gloria weiter.


2. Zelebrationsrichtung: Der Wortgottesdienst, vor allem die Lesungen und das Evangelium, werden an den Sedilien (Tagesgebet) bzw. am Ambo zum Volke hin gefeiert. Der eucharistische Teil wird "versus Deum" bzw. "versus Orientem" zelebriert. Beim „Orate fratres“, das wieder in jeder Messe verpflichtend werden sollte, beim „Pax Domini“, beim „Ecce, Agnus Deus“ und selbstverständlich beim abschließenden Segen wendet sich der Zelebrant der Gemeinde zu.

3. Die alten Offertoriumsgebete sollte man als Wahlmöglichkeit in das Missale übernehmen. Aus persönlichen Gesprächen weiß ich, dass die neuen Gabengebete für so manchen Anhänger der klassischen Liturgie ein großer Stein des Anstoßes sind, so dass man hier vielleicht zu einer Versöhnung kommen könnte. An sämtlichen Hochfesten sollte der Canon Romanus wieder verbindlich werden.

4. Die lateinische Liturgiesprache sollte gefördert werden, ohne natürlich die Volkssprachen zu verdrängen. An allen Bischofskirchen, Abteien und zentralen Stadtkirchen, wo in der Regel also mehrere Messen gefeiert werden, ist an Sonn- und Feiertagen eine Messe in lateinischer Sprache mit gregorianischem Choral und - wenn möglich - polyphoner Kirchenmusik aller Epochen zu feiern. Eine ähnliche Regelung exisitiert schon jetzt für die römischen Patriarchalbasiliken. In sämtlichen Pfarrkirchen sollte wenigstens einmal im Monat ein lateinisches Hochamt zelebriert werden. Es muss für den Gebrauch der Gläubigen ein eigenes Buch geschaffen werden, in dem die lateinischen Texte der Sonn- und Festtage zusammen mit den volkssprachlichen Übersetzungen abgedruckt sind. Die Missalia müssen ebenfalls generell zweisprachig sein, wie dies ursprünglich geplant war. Theologen und Priesteramtskandidaten sollten sich im Rahmen ihres Studiums bedeutend intensiver als bisher mit der Kirchensprache Latein beschäftigen.

5. Reform der Kirchenmusik im Geiste des gregorianischen Chorals und der klassischen Vokalpolyphonie. Neben der intensiven Pflege des großen "thesaurus sacrae musicae" müssen natürlich auch Kompositionen geschaffen werden, die musikalischen Ausdrucksformen unserer Zeit entsprechen und die Heiligkeit und sakrale Würde der Liturgie beachten. Rock- und Popmusik sind hierfür natürlich ungeeignet. Auch neue volkssprachliche Lieder sind zu komponieren, für die die gleichen Kriterien gelten, sowohl textlich wie auch musikalisch.

6. Die Liturgie muss verstärkt Gegenstand des Religionsunterrichts und der gemeindlichen Katechese werden. Liturgie ist nämlich nicht so sehr Ort der Katechese wie vielmehr deren Ziel. Auch im Theologiestudium sollte die Liturgie einen größeren Stellenwert erhalten.

Zugegeben: In der heutigen Praxis wäre eine solche Reform der Reform schwierig. Deshalb müssten sich zunächst kleinere Reformgruppierungen innerhalb der Kirche bilden, die gleichsam den Boden einer gesamtkirchliche Reform bereiten. Es geht um Bewußtseinsänderungen, die nicht von heute auf morgen vollzogen werden können, will man nicht mangelnde Akzeptanz und folglich Nichtbeachtung der Reform riskieren. Es wird darum gehen, die Heiligkeit der Liturgie und deren Ausrichtung auf Anbetung und Verherrlichung der göttlichen Majestät allen in Erinnerung zu rufen.

Eine Reform der Reform müsste sich also langsam, Schritt für Schritt vollziehen. Ein weiter, ein schwieriger, aber ein gangbarer Weg...

Donnerstag, 2. August 2012

Der außerordentliche Usus auf YouTube I



Es ist erstaunlich, wie viele Videos zum Thema „Usus antiquior“ auf YouTube vorhanden sind. In loser Folge sollen wenigstens einige vorgestellt werden. Beim heutigen handelt es sich um das Osterhochamt des Jahres 1941 in der Kirche „Our Lady of Sorrows“ in Chicago. Kommentator ist kein geringerer als Fulton J. Sheen, ein bekannter amerikanischer Bischof und einflussreicher katholischer Publizist.

Wenn man die Bilder sieht, kommt einem die Erfahrung des ehemaligen Präsidenten des deutschen Bauernverbandes, Constantin Freiherr Heereman von Zuydtwyck, in den Sinn. Als dieser sich in den USA aufhielt, erschien ihm vieles fremd und ungewohnt. Heimat fand er in der Kirche, in der die Liturgie genauso gefeiert wurde wie in seiner deutschen Heimat. Für ihn war das ein Stück Heimat in einer zunächst fremden Umgebung. Die lateinische Sprache war hier nicht Erfahrung von Fremdheit, sondern im Gegenteil, Erfahrung von Vertrautheit. Gerade in unserer heutigen Zeit, die sich durch Globalität auszeichnen möchte, ein nicht uninteressanter Gedanke.

Donnerstag, 26. Juli 2012

Lady Gaga auf der Orgel?



Lady Gaga auf der Orgel? So manchen wird dies an die Unsitte erinnern, vor allem bei Hochzeiten Popmusik zu spielen, was natürlich zur weltlichen, keineswegs aber zur kirchlichen Feier gehört. Etwas anderes liegt in dem obigen Video vor. Es handelt sich um eine Fuge über ein Thema aus einem Stück von Lady Gaga. Dies ist etwas völlig anderes, als etwa ein Stück von Lady Gaga in der Kirche aufzuführen. Warum? Die Bearbeitung des Themas ist zunächst orgelgemäß, d. h. man beachtet die Eigenheiten und Spezifika von (kirchlicher/liturgischer) Orgelmusik. Es wird eine reizvolle Verbindung zweier Welten erreicht, die sich in gewisser Weise diametral gegenüberstehen: Klassische Orgelmusik und moderne Popularmusik. Dies erinnert mutatis mutandis an die Praxis, Messkompositionen den Cantus firmus eines weltlichen Liedes zugrunde zu legen. Hier wie dort wird das Thema bzw. die Melodie einer „weltliche“, d. h. nicht für den liturgischen Gebrauch geschaffene Komposition in die Stileigentümlichkeiten liturgischer Musik eingepasst. Allerdings braucht dies sehr kundige und versierte Organisten, die begabte Improvisatoren sind.  
Im außerliturgischen Kontext, d. h. in Konzerten, kann man durchaus auch Stücke auf der Orgel spielen, die für die liturgische Sphäre ungeeignet sind. Eine äußerst kunstvolle und virtuose Bearbeitung der „Indiana-Jones“-Titelmelodie von einem der begabtesteten Nachwuchskonzertorganisten der Gegenwart, Cameron Carpenter, mag als Beleg dienen:


Der Klang erinnert teilweise an die „Kino-Orgel“, die durch die Erfindung des Tonfilms außer Gebrauch gekommen ist. Solche Bearbeitungen erfordern ungemein virtuose Organisten. Im Grunde ist die Bearbeitung der „Indiana Jones“-Titelmelodie nichts anderes, als wenn man ein klassisches Orchesterstück transkribiert. Für den liturgischen Gebrauch ist dies natürlich ungeeignet, da diese musikalisch übrigens sehr schöne Titelmelodie gänzlich andere Assoziationen weckt als die Konzentration auf die Liturgie zu fördern. In einem Konzert jedoch - zumal wenn dies in einem Konzertsaal stattfindet -  kann dies ein unerwarterter Farbtupfer oder eine interessante Zugabe sein.

Mittwoch, 25. Juli 2012

Die Beschneidung und der Verlust religiösen Fühlens in Mitteleuropa

1. Die Diskussion über die Rechtmäßigkeit der Beschneidung hat vor allem eines deutlich gezeigt: Viele Mitteleuropäer haben verlernt, in religiösen Kategorien zu denken. Zwar ist die Beschneidung als religiöses Symbol nicht im christlichen Raum existent, aber wer sich aufgrund seiner eigenen Religiosität in die Denkungsart einer anderen Religion einfühlen kann, wird mit dieser Frage anders umgehen.

2. Eine Argumentation, die ich in diesem Zusammenhang gelesen habe, war folgende: In früheren Zeiten hatte die Beschneidung durchaus einen praktisch-hygienischen Nutzen, der heute aber nicht mehr notwendig ist, da zumindest in unseren Breitengraden gänzlich andere hygienische Voraussetzungen bestehen. Eine solche Sichtweise zeigt, dass man das Wesen religiöser Symbolik und religiöser Zeremonien nicht recht verstehen kann oder will.

3. Kein gläubiger Jude würde die Beschneidung mit hygienischen Vorteilen begründen. Für ihn ist die Beschneidung Zeichen des Bundes Gottes mit dem Volk Israel (Gen 17, 10-14). Die Intention ist eine völlig andere. Die Beschneidung ist die Voraussetzung, um Jude zu werden. Mehr noch: Sie ist ein fester und zentraler Bestandteil religiöser Identität.

4. Für viele (wie immer natürlich: nicht alle) Mitteleuropäer sind solche Gedankengänge nur sehr schwer bis gar nicht nachzuvollziehen. Man neigt dazu, Religion wie andere kulturell-sozialen Phänomene zu betrachten und zu bewerten. Auf diese Weise jedoch wird man weder der eigenen noch fremden Religionen gerecht. Ein Grund für diese religiöse Verstehensschwäche ist bisweilen, dass die eigene religiöse Identität sehr eingeschränkt oder gar nicht mehr wahrgenommen wird.

5. Dass es selbst innerhalb der Religionen solche Verstehensschwierigkeiten gibt, zeigt zB. der bekannte Schweinfurter Pfarrer und Kirchenkritiker Roland Breitenbach auf der Homepage seiner Pfarrgemeinde St. Michael:
Er erkennt zwar die Schwierigkeit des Themas an, nimmt die Diskussion jedoch zum Anlass, diese auf andere Religionen auszudehnen sowie auch zur Kritik an der katholischen Kirche ausholen zu können: 
Es bleibt die Anfrage an die Religionen, ob sie in ihren alten Mustern sitzen bleiben wollen, selbst wenn sie noch so sehr durch die Tradition geheiligt sein mögen. Für mich ist das Beschneidungsverbot durch das Kölner Gericht wie ein großes Fragezeichen hinter die merkwürdigen religiösen Bräuche aus alter Zeit. Das gilt ebenso für das Christentum. Es muss sich fragen lassen, ob es nicht auch in überholten Vorstellungen gefangen bleibt, zum Beispiel was die Spendung der Sakramente betrifft.
Aus Sicht eines gläubigen Juden ist die Beschneidung eben gerade nicht überholt, sondern ein tiefer Ausdruck seines Glaubens und religiösen Identität. Ähnliches gilt mutatis mutandis auch für die christlichen Sakramente. Die „merkwürdigen Bräuche aus alter Zeit“ sind für eine Religion nicht der Kringel auf der Sahnetorte, sondern sind ein zentrales religiöses Element. Sie begleiten den Menschen und verbinden ihn auf wundersame, im letzten rein rational nicht erfassbaren Art und Weise mit dem Göttlichen, dem Absoluten.  

 6. Die dem Nichtgläubigen so seltsam erscheinenden Riten führen dem Menschen immer wieder vor Augen, dass Religion sich nicht im Hier und Jetzt erschöpft, sondern eine offene Dimension besitzt, die in eine andere Wirklichkeit verweist. Religion strebt himmelwärts. Sie ankert in der Überzeugung, dass diese Welt, die wir sehen und fühlen können, nicht alles ist. Und dies drückt sie in Riten aus.

7. So gesehen dürfen diese Riten geradezu den Anstrich des Fremden, des Geheimnisvollen tragen, das in unsere schnelllebige materialistische Zeit nicht so recht hineinpassen will. Sie werden so zum Katalysator religiöser Unterweisung, die nötig ist, um sich in einer Religion zurecht zu finden. Eine solche muss natürlich gewährleistet sein, sei es in Christentum, Judentum, Islam oder sonst einer Religion.

8. Die Gefahr für eine Religion besteht genau darin, dass dieses religiöse Wissen nicht mehr tradiert wird. Dies wird zur Überlebensfrage jeder Religion, nicht nur des Judentums. Denn durch das Erlernen der Inhalte einer Religion, zu denen natürlich auch Zeremonien und heilige Handlungen gehören, bildet sich die religiöse Identität heraus. Im Kontext einer pluralen Gesellschaft bedeutet dies: Nur wenn ich selbst eine religiöse Identität besitze, dann werde ich auch die von anderen Menschen achten und verstehen können. 

Zwei Sphären, die wohl nicht kompatibel sind...



In diesem Video kann man deutlich sehen und spüren, inwiefern „Sacropop“ und ein der diesem inhärenten Zwanglosigkeit entsprechendes Verhalten ein Fremdkörper an Heiliger Stätte ist. Wenn man die gewaltige, himmelwärtsstrebende Architektur des Kölner Doms bedenkt, die ein Abbild des himmlischen Jerusalems sein will, wenn man die schönen Kirchenfenster im Hintergrund sieht: wie banal wirkt vor diesem Hintergrund dann die Popmusik im Stil der 70er Jahre, wie banal wirkt auch der Text des Liedes. Dieser kommt nahezu völlig kunstlos daher, er verwendet größtenteils die Sprache und auch die Worte, die man auch auf dem Marktplatz hören kann: „skeptisch“, „Gosse“ u. a. Gehobene, über die Alltagssprache hinausgehende Worte oder auch Elemente einer Bildersprache, ein typisches Merkmal religiöser Sprache, sucht man vergeblich. An deren Stelle tritt die „Banalität des Augenblicks“. Das aufdringliche, die Gottesdienstteilnehmer animierende „Singt mit“ passt wohl eher zu Mickie Krause auf Mallorca als in den Kölner Dom. Die Erfahrung des Anderen, des Heiligen ist in solch einer Atmosphäre wohl nur sehr schwer möglich. Man spürt förmlich die Gegensätzlichkeit zweier Welten, die man mit Gewalt zusammenführen will, weil man glaubt, dass junge Menschen nur noch die Sprache der modernen Unterhaltungsmusik und Spaßgesellschaft verstehen können. Müsste man hier in Katechese und Religionsunterricht nicht Kontrapunkte setzen? Oder haben die Verantwortlichen bereits kapituliert? Warum bemüht man sich häufig offenbar gar nicht mehr, jungen Menschen die Liturgie der Kirche samt ihren Einrichtungen und Konzeptionen zu vermitteln, und bietet ihnen häufig schlechte „Abzieh-" bzw. eher  "Zerrbilder“ der katholischen Liturgie? Man stelle sich gleiches in einer orthodoxen Kirche oder aber auch in einer Synagoge oder Moschee vor. Unvorstellbar? Wieso aber ist dies dann in katholischen Kirchen offenbar kein Problem?

Sonntag, 22. Juli 2012

Der Außerordentliche Usus im Film II




Dieser Ausschnitt ist dem Film „Der Kardinal“ entnommen, der die Lebensgeschichte eines fiktiven amerikanischen Kardinals erzählt. Es handelt sich um die Priesterweihe. Der Regisseur, Otto Preminger, hat sich mit der Weiheliturgie intensiv beschäftigt und den zentralen Ritus, die Bindung und Salbung der Hände, exemplarisch ausgewählt. Vorangestellt wurde die namentliche Nennung der Weihekandidaten mit der jeweiligen Antwort „Adsum“ und ein kurzer Ausschnitt aus der Allerheiligenlitanei. Auch auf liturgische Details wurde großer Wert gelegt, sowohl in Hinblick auf die liturgische Gewandung wie auch auf die Kirchenmusik. Ein gelungenes Beispiel für die Darstellung des usus extraordinarius im Film. Deutlich spürt man auch die Faszination des Rituellen, eine Kategorie, die wir heutigen langsam aber sicher wiederentdecken.

Montag, 25. Juni 2012

Michel Chapuis, Improvisation II


Diesmal improvisiert M. Chapuis nicht im Stil des norddeutschen, sondern französischen Barock. Es handelt sich meist nicht um große ausgedehnte Formen, sondern eher kurze Stücke, die in der Liturgie alternatim verwendet wurden, d. h. Wechsel zwischen Choralgesang und Orgel. Diese Praxis wurde häufig in der Messliturgie verwendet, so dass man von Orgelmessen spricht. Die Stücke werden meist nach ihrer Registrierung benannt: Plein jeu (volles Werk), Cromehorn en taille, Recit de nasard etc. Bekannte Komponisten dieser Gattungen sind F. Couperin, J. F. Dandrieu, L. Marchand u. v. a. Bei der Orgel handelt es sich um diejenige der Hofkirche von Versailles, ein traditioneller Ort großer Kultur- und Musikpflege.  

Georg Friedrich Händel (1685-1759): Suite Nr. 1 aus der Wassermusik


Sonntag, 17. Juni 2012

Der Eifer für Dein Haus verzehrt mich

1. Dieses Psalmwort mag heute Anlass sein, einmal an die vielen Sakristane zu denken, die sich tagaus tagein für das Haus Gottes einsetzen und dort ihren Dienst tun. Sie wirken im Hintergrund und doch ist ihre Tätigkeit etwas, was ganz und gar nicht im Hintergrund bleibt. Das Ergebnis ihrer Arbeit sieht man nämlich im liebevollen und würdigen Schmuck einer Kirche. Diese Aufgabe ist keine unbedeutende, sondern im Zusammenspiel mit Kirchenmusikern und Klerus sorgen sie für eine würdige und dem Heiligen entsprechende Liturgie, ja sind für diese mitverantwortlich. Sie bereiten gleichsam den „heiligen Boden bzw. Raum“, auf dem sich die feierlichen Zeremonien entfalten können. Wie wichtig eigentlich ihre Aufgabe ist, kann man noch deutlicher sehen, wenn man sich den historischen Hintergrund verdeutlicht, vor dem wir heutigen oftmals mit Schulterzucken und Unverständnis stehen, der aber das kirchliche Leben der letzten 45 Jahre durchaus geprägt hat, nicht unbedingt zum besseren.

2. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil meinte man an so manchen (gottlob nicht an allen!) Orten, auf Kirchenschmuck entweder ganz zu verzichten oder ihn zumindest stark zu reduzieren. Diesem nachkonziliaren „Bildersturm“, der sich übrigens mit keinem Text des Konzils auch nur irgendwie rechtfertigen lässt, sind viele Paramente, Statuen, ja ganze Altäre zum Opfer gefallen. Die praktische Folge war, dass viele Kirchen plötzlich ähnlich grau und langweilig aussahen wie sich der Alltag in einem Betonhochhaus der 70er Jahre gestaltete. Der Priester trug anstelle feierlicher, mit viel Kunstfertigkeit hergestellter Kaseln graue, kunstlose Mantelalben, deren Stoff eher dem eines „Kartoffelsackes“ ähnelte. Das regelrechte „Leerräumen“ vieler Kirchen tat sein übriges hinzu. Es wäre ein interessantes und bestimmt auch erschütterndes Unterfangen, einmal die Zerstörung von kirchlichen Kunstwerken nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil für jeweils einzelne Gegenden zu dokumentieren.

3. Die Intention solcher Aktionen war es, gleichsam sinnenfällig zu dokumentieren, dass mit der Liturgiereform ein Bruch erfolgt ist, dass die Kirchengeschichte sich in eine vor- und nachkonziliare Periode gliedert. Das, was man mit der Epoche vor dem Konzil identifizierte, wurde bestenfalls in die Sakristeischränke verbannt, schlimmstenfalls besser gleich vernichtet. Durch die Abschaffung von Altardecken mit Spitzenbesatz glaubten so manche Kleriker, endlich in der Moderne angekommen zu sein. Ein solcher äußerer wie aber oftmals auch innerer Bruch mit der Vergangenheit ist der komplette Gegenentwurf zur nicht nur von Papst Benedikt präferierten „Hermeneutik der Kontinuität“, die das Konzil in den Strom der Überlieferung einordnet und vor allem einen solchen „Geist des Konzils“ in Frage stellt, der bemüht wird, wenn man den Wortlaut des Konzils mehr oder weniger elegant aushebeln will. Die Liturgie, die Gestaltung der Kirchen, die Kirchenmusik etc. bieten übrigens sehr gute „Studienmöglichkeiten“, wenn man sich den Unterschied beider Ansätze – Hermeneutik der Kontinuität versus „Geist des Konzils“ – einmal vor Augen führen will.  

4. Warum Kirchenschmuck, Kirchenarchitektur, Paramentik etc. nicht bloß der „Zuckerkringel auf der Sahnetorte“ sind, sondern eine wichtige Funktion in der Glaubensverkündigung besitzen, muss ein andermal ausführlicher dargelegt werden. Gewisse Ansätze für diese Frage kann man der Abhandlung über die Kirchenmusik auf dieser Seite entnehmen (http://humanitas-christiana.blogspot.de/2012/06/die-identitatskrise-der-kirchenmusik.html).

5. Um auf den Eingang zurückzukommen: Allen, die sich für das „Haus des Herrn“ einsetzen, soll einmal herzlich gedankt werden. Es ist für sie nicht immer einfach, für den Schmuck und die Ausgestaltung einer Kirche zu sorgen, wenn etwa der verantwortliche Kleriker ein Anhänger der „Hermeneutik des Bruches“ ist. Hier gilt es im Rahmen des Möglichen in einem besonnenen Vorgehen für die Weltoffenheit und Sinnlichkeit des Katholischen einzutreten und nicht zu zaudern, die Schönheit des katholischen Glaubens den Gläubigen sichtbar zu machen. Auch wenn die Medien heute oftmals den Katholizismus in die Ecke von Obskurantismus drücken wollen, ist er gerade das nicht, sondern zeichnet sich im guten Sinne des Wortes „traditionell“ durch Sinnenfreude und Liebe zum Guten, Wahren und Schönen aus. Und genau dies gilt es, heute wieder erfahrbar zu machen, gerade auch denen, die an die Stelle der Fülle die Leere und Kunstlosigkeit stellen wollen.